Jagd auf die Juden von Kielce 1946
Protokoll eines mörderischen Sommertages
Buch und Regie | Ute Bönnen, Joanna M. Rother und Gerald Endres |
Kamera | Friedemann Rehse |
Schnitt | Gabi Seelis |
Redaktion | Rolf Bergmann, Stefan Abarbanell |
Produktion | RBB |
Erstaustrahlung | 2010 |
Länge | 45 min |
Inhalt:
1946 kam es in Polen zu heftigen Angriffen auf Juden, die gerade erst die Konzentrationslager und den Holocaust überlebt hatten. Das schlimmste Pogrom im Polen der Nachkriegszeit fand Anfang Juli 1946 in Kielce statt. Mehr als vierzig Menschen wurden ermordet, über achtzig verletzt. Auslöser des Pogroms waren antisemitische Gerüchte, die Juden in der Stadt würden christliche Kinder gefangen halten. Die Polizei durchsuchte wegen dieser Gerüchte ein Haus, in dem viele Juden nach ihrer Rückkehr aus den Vernichtungslagern lebten. Vor dem Haus versammelte sich im Lauf des Vormittags des 4. Juli 1946 ein wütender Mob. Schon bald kam es zu den ersten gewaltsamen Übergriffen – und die Polizisten schützten die Bewohner des Hauses nicht, sondern beteiligten sich an den Ausschreitungen. In der gesamten Stadt und ihrer Umgebung wurden Menschen attackiert, weil man sie für Juden hielt. Die mörderischen Ereignisse in Kielce führten zu einer massiven Emigrationswelle aus Polen, zehntausende Juden flohen. Die meisten retteten sich zunächst nach Deutschland, um von dort weiter nach Palästina zu gehen.
In Polen fand wenige Tage nach dem Pogrom ein Schauprozess statt. Neun Todesurteile wurden vollstreckt, doch die Verurteilten wirkten so willkürlich zusammengefangen, dass bald Verschwörungstheorien kursierten. Im sozialistischen Polen wurden die Ereignisse in Kielce jahrzehntelang tabuisiert, bis in die Gegenwart sind die Hintergründe dieses Gewaltausbruchs heiß umstritten. Und in der Diskussion darüber klingen auch heute noch erschreckend antisemitische Töne an.