Kaffeeschmuggel in der Nachkriegszeit
- Auf verbotenen Pfaden
Buch und Regie | Ute Bönnen und Gerald Endres |
Kamera | Friedemann Rehse |
Schnitt | Gabi Seelis |
Redaktion | Gudrun Wolter (WDR) |
Produktion | Ute Bönnen - Gerald Endres Filmproduktion |
Erstaustrahlung | 2006 im WDR |
Länge | 45 min |
Inhalt:
Ungefähr ein Drittel des Kaffees, der in den Jahren 1945 bis 1953 an Rhein und Ruhr getrunken wurde, war Schmuggelware. In den Dörfern entlang der belgischen Grenze war in den ersten Nachkriegsjahren fast jeder ein bisschen kriminell: Die einen schmuggelten den Kaffee, die anderen genossen ihn beim Kaffeekränzchen. Wegen einer hohen Steuer war Kaffee in Deutschland fast dreimal so teuer wie in Belgien, und mit Schmuggel konnte man in zwei Nächten mehr verdienen als mit normaler Arbeit in einem Monat.. So brachten in der Not der Nachkriegszeit ganze Kolonnen Aachener Schulkinder regelmäßig Kaffee über die Grenze und trugen zum Lebensunterhalt ihrer Familien bei. Vom Krieg zerstörte Eifeldörfer wurden mit Geld aus dem Kaffeeschmuggel wieder aufgebaut, der Pfarrer forderte seinen Anteil für die Dorfkirche, und Mädchen aus dem Dorf finanzierten mit Schmuggeln ihre Aussteuer.
Die Träger der Schmugglerkolonnen schleppten die gebrannten Bohnen auf dem Rücken nach Deutschland, andere transportierten den Rohkaffee gleich zentnerweise in so genannten "Kaffeekreuzern", umgebauten Lastwagen oder amerikanischen Straßenkreuzern, zu Röstereien im Rheinland, die den gebrannten Kaffee dann ganz normal in den Handel brachten. Die Zöllner jagten die Schmuggelkolonnen mit scharfen Hunden und griffen auch zur Waffe. Tödliche Schüsse gegen Kleinschmuggler, die g-rade mal ein paar Pfund Kaffee dabei hatten, erregten die Bevölkerung im Grenzgebiet. Die Kaffeekreuzer wurden mit Stahlplatten gegen Beschuss gesichert, so genannte Krähenfüsse wurden verstreut, um Zollfahrzeuge abzuschütteln, und schließlich besorgten sich Schmuggler auch gepanzerte Spähwagen aus Militärbeständen, luden sie voll Kaffee und durchbrachen damit die Grenze.
Zeitzeugen aus den einstigen Schmugglerdörfern Schmidt und Mützenich in der Eifel sowie aus Aachen erzählen in dieser Dokumentation vom damaligen Alltag, erinnern sich an die heimlichen Transaktionen, die dennoch so bekannt waren, dass damals vor Ort sogar ein Spielfilm mit dem Titel "Die sündige Grenze" darüber entstand. Ein Film, in dem professionelle Schauspieler und wirkliche Schmuggler gemeinsam vor die Kamera traten. 1953 wurde die Sondersteuer auf Kaffee abgeschafft, von da an lohnte sich der Schmuggel nicht mehr.
Literatur zum Thema:
Wolfgang Trees: Schmuggler, Zöllner und die Kaffeepanzer - Die wilden Nachkriegsjahre an der deutschen Westgrenze; Triangel-Verlag; Aachen 2002